Wer zahlt bei finanziellen Engpässen im Pflegefall? istockphoto.com/Yuri_Arcurs
  • Marco Heibel

Wer zahlt bei finanziellen Engpässen im Pflegefall?

Bei finanziellen Engpässen im Pflegefall haften Kinder für ihre Eltern. Dazu sind Kinder sogar gesetzlich verpflichtet. Die Höhe hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab und kann unter Umständen so weit gedrückt werden, dass man nichts zahlen muss.

Altersdemenz, Schlaganfall oder einfacher Verschleiß – das Risiko, dass die Elterngeneration im Alter zum Pflegefall wird, ist durchaus gegeben. Deren Kinder stehen dann vor der Frage, wie man die Pflege handhabt. Ein Pflegeheim ist die „einfachste“, aber auch teuerste Lösung. Bleibt noch, einen ambulanten Pflegedienst zu engagieren und einen Teil der Pflege selbst zu übernehmen. Doch beides verursacht Kosten – und die müssen im Zweifel von den Kindern getragen werden.

Kinder haften für ihre Eltern

Der Gesetzgeber hat eine gegenseitige Unterhaltspflicht fixiert. Demnach sind Kinder zur Zahlung des Unterhalts für ihre Eltern verpflichtet, wenn das Vermögen der Eltern aufgebraucht ist und die Pflegekosten auch nicht mehr durch die Rente oder Zuschüsse aus der Pflegeversicherung und durch Sozialtöpfe gedeckt werden können. Zunächst geht zwar das Sozialamt in Vorlage, doch früher oder später wird es das Geld von den Kindern zurückfordern. Diese werden dann zur Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse verpflichtet.

Wie man den Betrag drücken kann

Maßgeblich für die Höhe der Summe, die an das Sozialamt zu erstatten ist, ist die Hälfte der Differenz, die über den so genannten Selbstbehalt hinaus am Monatsende übrig bleibt. Die Höhe des Selbstbehalts wird individuell nach einem komplizierten Schlüssel errechnet, in den u.a. der Familienstand, die Anzahl der Kinder und laufende Kosten einbezogen werden.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Bei einem Vater zweier Kinder mit Eigenheim, dessen Gattin Hausfrau ist, liegt der Selbstbehalt im Bereich von 2.700 Euro. Nehmen wir nun an, dass der Mann gut verdient (z.B. 4.000 Euro im Monat). In diesem Fall muss er nicht 1.300 Euro pro Monat an das Sozialamt überweisen, bis dessen Vorlage beglichen ist. Entscheidend für die Bemessungsgrundlage ist nämlich nicht der reine Netto-Verdienst, sondern der „bereinigte Nettoverdienst“.

Bereinigter Nettoverdienst entscheidet

Vom Nettoverdienst gehen bei unserem Beispielmann noch der Unterhalt für die Ehefrau und die Kinder ab. Auch die monatlichen Ausgaben für die private Altersvorsorge, Fahrtkosten oder Ratenzahlungen kann er geltend machen. In seinem Fall wäre es ein Leichtes, den bereinigten Nettoverdienst deutlich unter den Selbstbehalt zu drücken. Allein Ehefrau und Kinder dürften in der Rechnung schon mehr als 2.000 Euro „verschlingen“ (auch hier liegt ein komplizierter Schlüssel zu Grunde). Und prompt läge sein bereinigter Nettoverdienst unter 2.700 Euro, und er müsste nichts mehr zahlen.

Anders sieht es bei kinderlosen Ledigen aus. Diese haben deutlich weniger Potenzial, ihren Nettoverdienst zu drücken. Zugleich ist bei ihnen der Selbstbehalt deutlich niedriger. Auch kinderlose Paare mit doppeltem Einkommen werden eher zur Kasse gebeten.

Problematisch wird es auch, wenn mehrere Geschwister unterschiedlich gut verdienen. Gelingt es einigen, ihren bereinigten Nettoverdienst unter den Selbstbehalt zu drücken, anderen aber nicht, so müssen Letztere die kompletten Kosten allein tragen.