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  • Jörg Birkel

Beruflicher Reisekostenanteil ist voll absetzbar

Alles oder nichts! So lautete bislang die Maxime im Steuerrecht bei sog. gemischten Aufwendungen, d.h. bei Kosten, die teilweise beruflich und teilweise privat veranlasst sind. Doch das Aufteilungsverbot bei Reisekosten ist nicht rechtens.

Nur wenige Ausnahmen wurden vom Fiskus anerkannt, u.a. Kraftfahrzeugkosten und die Telefongrundgebühr. So nicht, urteilt jetzt der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) und gibt seine bisherige Rechtsprechung auf.

Im Streitfall hatte ein Informatiker eine Computer-Messe in Las Vegas besucht. An vier Tagen nahm er an Fachveranstaltungen teil, drei weitere Tage hatte er für private Aktivitäten zur freien Verfügung. Das Finanzamt wollte insbesondere die Kosten des Hin- und Rückflugs nicht aufteilen und ausschließlich dem privaten Bereich zuordnen. Anders der Große Senat des BFH: Die Kosten für die Hin- und Rückreise können bei gemischt beruflich bzw. betrieblich und privat veranlassten Reisen grundsätzlich in steuerlich abziehbare Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden. Als geeigneter Aufteilungsmaßstab wird meist die beruflich bzw. privat genutzte Zeit heranzuziehen sein. Daher durfte der Informatiker auch 4/7 seiner Flugkosten steuerlich abziehen.

Das Urteil hat aber auch eine große Sprengkraft über die strittige Aufteilung der Reisekosten hinaus. Die Bundesfinanzrichter stellten nämlich fest, dass dem Einkommensteuergesetz kein allgemeines Aufteilungsverbot zu entnehmen sei. Vielmehr seien die Ausgaben nur dann steuerlich überhaupt nicht abzugsfähig, wenn eine Trennung zwischen beruflicher und privater Veranlassung nicht möglich sei.
Nach diesem Grundsatzurteil kommt jetzt auch bei vielen anderen Kosten eine Aufteilung in Frage. Zu denken wäre z. B. an Sprachkurse. Mit Spannung wird abzuwarten sein, wie sich die Finanzverwaltung zur neuen Rechtsprechung stellt. Normale Bürokleidung muss allerdings auch weiterhin privat finanziert werden, da es sich hier nach Ansicht der Richter unmittelbar um Kosten der privaten Lebensführung handelt.

Fazit:
Der Reiseanlass sollte sauber dokumentiert werden und Belege gesammelt. Denn die Aufteilung der Kosten greift nur, wenn ein beruflicher Anlass nachgewiesen wird.

Gastbeitrag von Steuerberater Christoph Röger aus Köln